Handy schlimmer als Brandy
Trotz Freisprech-anlage: Wer im Auto telefoniert, fährt schlechter als mit 0,8 Promille Alkohol im Blut.
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K-Tipp 1/2003
15.01.2003
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Wer fährt, trinkt nicht. Wer trinkt, fährt nicht. Seit Jahrzehnten wirbt dieser Slogan für Nüchternheit am Steuer. Doch zusätzlich sollte es heissen: Wer fährt, telefoniert nicht. Wer telefoniert, fährt nicht.
Denn die britische Versicherung Direct Line kommt in ihrer Studie The Mobile Phone Report zu alarmierenden Ergebnissen:
- Telefonierende Autofahrer - egal, ob sie eine Freisprechanlage benutzen oder nicht - reagieren langsamer als solche, die 0,8 Promil...
Wer fährt, trinkt nicht. Wer trinkt, fährt nicht. Seit Jahrzehnten wirbt dieser Slogan für Nüchternheit am Steuer. Doch zusätzlich sollte es heissen: Wer fährt, telefoniert nicht. Wer telefoniert, fährt nicht.
Denn die britische Versicherung Direct Line kommt in ihrer Studie The Mobile Phone Report zu alarmierenden Ergebnissen:
- Telefonierende Autofahrer - egal, ob sie eine Freisprechanlage benutzen oder nicht - reagieren langsamer als solche, die 0,8 Promille Alkohol intus haben. Die Folge: mehr und schwerere Unfälle.
- Autofahrer mit Handy am Ohr reagieren knapp 50 Prozent langsamer. Mit Freisprechanlage sind es immer noch gut 25 Prozent (siehe Grafik).
- Wer telefoniert, fährt mal zu schnell, mal zu langsam, hält sich nicht an Spuren, schneidet Kurven, übersieht Signale.
- Telefonierende Autofahrer missachten häufig den Vortritt, vor allem vor Fussgängerstreifen, und sie verursachen mehr Auffahrunfälle.
Dieser Befund ist gravierend, weil immer mehr Automobilisten beim Fahren telefonieren. Laut einer Umfrage der Beratungsstelle für Unfallverhütung waren es im Jahr 2000 bereits die Hälfte aller Autofahrer.
Für den Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) war das Grund genug, eine Kampagne zu starten. Motto: «Schalt die Combox ein, damit du den Airbag nicht brauchst». In seinem Kinospot empfiehlt der VCS, beim Fahren ganz aufs Telefonieren zu verzichten. «Aufgrund der britischen Studie müsste man auch das Telefonieren mit Freisprechanlage verbieten», sagt Felix Adank vom VCS, «aber bis es so weit ist, braucht es wahrscheinlich noch weitere Studien.»
Das Bundesamt für Strassen hingegen schreibt auf seiner Homepage immer noch, das Telefonieren während der Fahrt lenke «nicht stärker ab als ein Gespräch mit einem Fahrzeuginsassen».
Doch diese Meinung ist überholt. Denn:
- Im Gegensatz zu einem Beifahrer redet ein Gesprächspartner am Telefon auch dann weiter, wenn es auf der Strasse brenzlig wird.
- Wer telefoniert, muss häufig Notizen machen. Beim Gespräch mit einem Beifahrer ist das nie nötig.
- Am Telefon zwingt die schlechte Verbindung zu besonderer Aufmerksamkeit. Auch das Gesetz trägt diesen neuen Erkenntnissen nicht Rechnung. Zwar ist das Telefonieren mit Handy am Ohr verboten. Das «Verwenden eines Telefons ohne Freisprecheinrichtung während der Fahrt» kostet laut Bussenliste 100 Franken.
Daraus schliesst die Polizei, dass Telefonieren mit Freisprecheinrichtung gestattet sei. Dies jedenfalls ergab eine K-Tipp-Umfrage bei vier Polizeikorps.
Zwar gibt es in der Verkehrsregelnverordnung einen Gummiparagraphen, der jede Tätigkeit verbietet, «welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert». Doch die Polizei scheut sich, diesen Artikel konsequent anzuwenden. Sie greift bei Fahrern, die mit Freisprechanlage telefonieren, nur ein, wenn sie durch offensichtlich schlechte Fahrweise auffallen.
Die Versicherungen ihrerseits behalten sich vor, die Leistungen um 10 bis 50 Prozent zu kürzen, wenn ein Autofahrer einen Unfall verursacht, weil er telefoniert.
Am besten fährt, wer Folgendes beachtet:
- Schalten Sie vor der Abfahrt die Combox ein. So gehen keine Anrufe verloren.
- Wenn das Handy aus Versehen eingeschaltet ist: Halten Sie an - sofern es der Verkehr erlaubt - und nehmen Sie das Gespräch entgegen.
- Wenn Sie anrufen wollen: Halten Sie vorher an oder lassen Sie Ihren Beifahrer telefonieren.